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Protestbrief gegen nächtliche Abschiebungen

VON DIRK RIßE

Der Fall von Xhevrije Papa hatte für Aufsehen unter Helfern der Willkommensinitiative und Lesern des „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesorgt. In der Nacht zum 23. Juni, gegen 2.30 Uhr, hatte die Polizei bei der Roma-Familie Papa geklingelt. Innerhalb von 20 Minuten musste Papa ihre Sachen packen, wurde vor den Augen ihrer fünf Enkelkinder abgeführt, und anschließend zum Flughafen Düsseldorf gebracht, wo sie in ein Flugzeug nach Albanien steigen musste (der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete).

Papa gilt als herzkrank und depressiv und muss Medikamente nehmen. Unklar ist nun, wie sie in Albanien medizinisch versorgt wird, da Arzneien teuer sind, die Familie aber kein Geld hat. Zudem hatte sie erst kurz zuvor eine Verlängerung ihre Duldung bis Ende August erhalten.

Verschiedene Initiative wie die Willkommensinitiative Mülheim (Wiku Mülheim), der Kölner Flüchtlingsrat und die Mitglieder des Runden Tisch für Integration haben nun einen Protestbrief an die Stadt verfasst. „Wir verwehren uns aufs Schärfste gegen diese unmenschliche Art, mit hilfsbedürftigen traumatisierten Menschen umzugehen und erwarten dazu zeitnah eine Stellungnahme von Stadt und Land“, heißt es darin.

Stadt und Land haben sich ebenfalls zur Abschiebung geäußert. Die Ausländerbehörde sei bei der Aufklärung der Gesundheitssituation „deutlich über das hinausgegangen“, wozu sie verpflichtet gewesen wäre, teilte eine Sprecherin des Ministeriums für Familie, Flüchtlinge und Integration mit. Die Frau sei durch die Ausländerbehörde mehrfach vergeblich aufgefordert worden, ein Attest vorzulegen. Die Befunde, „die schließlich mit Einverständnis der Betroffenen behördlich eingeholt wurden, konnten aus medizinischer Sicht kein Abschiebungshindernis begründen“.

Die Stadt betont, dass Papa ausreisepflichtig gewesen sei. Die verlängerte Duldung ändere nichts daran. Das Ausländeramt weist darauf hin, dass Papa mehrmals aufgefordert worden sei, Deutschland freiwillig zu verlassen. Die Abschiebung, die zwangsweise durchgeführt wurde, sei die Konsequenz gewesen. Dass die Abschiebung mitten in der Nacht erfolgte, erklärt das Land so: „Auf die vom Zielstaat vorgegebene Ankunftszeit hatte die Ausländerbehörde keinerlei Einfluss.“

Marianne Arndt von der Wiku Mülheim kritisiert, dass die Abschiebung in der Corona-Zeit erfolgte und vor den Augen der Enkel durchgeführt wurde. „Die Enkelkinder hier in Köln sind seit dieser Nacht traumatisiert, sie zeigen Schlafstörungen und Rückzugsverhalten und leiden sehr unter der Angst, bald ebenfalls mitten in der Nacht abgeschoben zu werden“, sagt Arndt.

Mittlerweile wurde ein zweiter Fall einer alleinerziehenden Mutter bekannt, die mit ihren Kindern (8 und 2) ebenfalls in der Nacht zum 23. Juni abgeschoben wurde. Die 26-jährige Frau ist ebenfalls Angehörige einer Roma-Familie, habe „viel Gewalt erfahren und ist von ihrer Familie aus Albanien verstoßen worden, weil sie mit 17 Jahren Mutter geworden ist“, so Arndt. Auch der Vater der Kinder habe sie geschlagen. Die ältere Tochter, die die ersten Klasse einer Kölner Grundschule besucht, sei durch „Gewalt und Abschiebungsängste so traumatisiert, dass sie nicht allein in der Schule bleiben“ konnte, so Arndt. Daher habe die Mutter mit der jüngeren Tochter während des Unterrichts in der Schule bleiben dürfen. Mutter und ältere Tochter seien zudem in therapeutischer Behandlung gewesen, das jüngere Kind habe ein medizinisches Versorgungszentrum besucht.

„In beiden Fällen liegen bedeutende gesundheitliche Risiken vor, in beiden Fällen handelt es sich um besonders schutzbedürftige Personen“, sagt Arndt. In dem Protestschreiben der Initiativen an die Stadtverwaltung wird nun gefordert, dass beide Fälle aufgearbeitet werden und dass die Kommune künftig keine nächtlichen Abschiebungen durchführt. Zudem sollen die betroffenen geflüchteten Menschen eine Rückkehrberatung erhalten.


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